Nebelmeer vom Kahlen Asten mit Bollerberg
© Wetterportal Sauerland
Der Sauerland-Föhn
wenn Wolken an Bergen hängen bleiben

Das es sich beim Föhn um mehr als ein Elektrogerät, welches übrigens ohne „h“ geschrieben wird, handeln kann, ist den meisten Menschen durchaus bewusst. Eine Verbindung zum Sauerland fällt hingegen schwer. Meist hört man von Münchnern, die durch die vom Föhn verursachten plötzlichen Temperaturwechsel Gesundheitsbeschwerden bekommen oder vielleicht noch von Italien-Urlaubern, die sich bei der Fahrt über den Brennerpass der plötzlichen Wetterbesserung erfreuen.  Das Wetterphänomen Föhn wird also vor allem bzw. ausschließlich mit dem Alpenraum in Verbindung gebracht.  Dies hängt damit zusammen, dass die Alpen das am dichtesten besiedelte Hochgebirge der Erde sind und so besonders viele Menschen die Auswirkungen erleben.

Dabei kann der Föhn überall da auftreten, wo sich Berge  quer zu einer Luftströmung auftürmen. Wie hoch diese Berge sind ist dabei unerheblich, lediglich die Stärke des Phänomens wird von Ihnen bestimmt. Bekannt ist der Föhn beispielsweise auch in Nordamerika, wo dieser, Chinook genannt, die Rocky Mountains hinunter weht und in den Weiten der kanadischen Prärie für plötzliche Wärmeeinbrüche sorgen kann.

Wie macht sich dieser Föhn nun im Sauerland bemerkbar ? Wo tritt er auf und wie entsteht er überhaupt ? Diese Fragen sollen im Folgenden geklärt werden.

Die Theorie

Wie bereits beschrieben, tritt der Föhn immer dann besonders intensiv auf, wenn eine Luftströmung im 90°-Winkel auf ein Hindernis, also ein Gebirge trifft. Da die höchsten Erhebungen des Rothaargebirges sich auf einer Linie von Südwesten (Härdler bei Kirchhundem (756 m)) nach Nordosten (Ettelsberg bei Willingen (838 m)) anordnen ist der Föhn am effektivsten bei Nordwest- und Südostwind. Den Namen „Sauerland-Föhn“ erhält das Phänomen aufgrund des beeinflussten Gebietes aber nur im letzteren Fall, der südöstlichen Anströmung.  Die klassische Wetterlage, die zu diesem Phänomen führt, sieht daher so oder ähnlich aus:

Zwischen einem Hochdruckgebiet über Südosteuropa und tiefem Luftdruck über dem Westen des Kontinents liegt die Region in einer südöstlichen Windströmung.  Im Bereich der NW-deutschen Mittelgebirge, u.a. dem Rothaargebirge, trifft diese Luftströmung auf ein Hindernis, welches die auftreffende Masse zunächst aufstaut. Im hessischen Becken kann diese Luft bei niedrigem Sonnenstand im Herbst und Winter weiter auskühlen. Wird der Taupunkt unterschritten bildet sich Nebel, der bis zum Ostrand des Rothaargebirges, z.B. bis nach Medebach reicht. Dort wird die Luftmasse zum Aufsteigen gezwungen und kühlt sich dabei mit einer Rate von 0,5°C bis 0,7°C auf 100 Höhenmeter ab (feuchtdiabatische Abkühlung).

Die Föhnmauer

Wenn sich die Hochnebelwolken an Gebirgskämmen aufstauen und sich auf der anderen Bergseite beim Absinken auflösen entsteht der Eindruck einer Mauer aus Wolken.

Fernsichten

In höheren Luftschichten ist die Luft bei Föhnwetterlagen sehr trocken. Damit steigt die Fernsicht und die Ausblick auf Berge in mehr als 100 km Entfernung ist möglich.

Bei einer angenommen Ausgangstemperatur von 5°C in Medebach werden so auf dem Kahlen Asten in 841 m Höhe noch rund 2°C gemessen. Da der Hauptkamm das größte vertikale Hindernis darstellt, kann die Luftströmung auf der anderen, hier der NW-Seite des Gebirges, herabfallen. Dies drückt sich durch einen südöstlichen Wind sowie insbesondere durch Auflösung der Wolken aus. Im Extremfall kann dies zur Ausbildung einer markanten Föhnmauer (siehe Bild oben) führen. Besonders häufig und am deutlichsten zu erkennen ist diese Mauer aus Wolken im Abschnitt zwischen dem Kahlen Asten und dem Rhein-Weser-Turm bei Kirchhundem.

Neben der Wolkenauflösung und dem Südostwind ist das deutlichste Erkennungszeichen des Sauerland-Föhns in Orten wie Schmallenberg, Meschede oder Olsberg wesentlich höhere Temperaturen, wie im ähnlich hoch oder nur unwesentlich höher gelegenen Medebach. Nach Lehrbuch spricht man hier von einer trockenadiabatischen Erwärmung von 1°C auf 100 Höhenmetern. Im Zusammenspiel mit lokalen Effekten sowie der Sonneneinstrahlung kann diese Richtzahl auch überschritten werden, so dass in unserem Beispiel in Meschede 10°C erreicht werden. Ein konkretes Beispiel aus den Messwerten des Wetterportals Sauerland wird am Ende des Berichtes erläutert.

Die Realität

Lösen wir uns von der grauen Theorie und schauen uns an wie sich der Sauerland-Föhn in der Region bemerkbar macht. Die Abbildund rechts zeigt die Wolkensituation über dem Sauerland am Vormittag des 12. Dezember 2013. Das westliche Ruhrgebiet, große Teile des Münsterlandes und Ostwestfalens sowie insbesondere der Norden Hessens liegen unter einer dichten Hochnebeldecke. Im nördlichen Siegerland und nahezu im gesamten Sauerland scheint dagegen die Sonne von einem wolkenlosen Himmel. Im Hochsauerlandkreis sind lediglich Teile des Stadtgebietes Marsberg sowie die Orte Medebach und Hallenberg sonnenfrei.

Der südöstliche Wind hat in diesem Fall ganze Arbeit geleistet. Er drückt die feuchte und schwere Luft gegen das Rothaargebirge. Beim Überströmen trocknet die Luft auf der anderen Seite ab und die Wolken lösen sich komplett auf. Zusätzlich steigen die Temperaturen an und liegen um einige Grad über den Werten auf der Ostseite.

Wie ein Wasserfall

Stürzt die feuchte Luft auf der Nordwestseite des Sauerlandes herab entsteht der Eindruck von einem Wasserfall.

Der Nordwesten profitiert

Im nordwestlichen Sauerland scheint bei Sauerland-Föhn nordwestlich des Rothaargebirgs-Kammes oft die Sonne. Dazu ist es teilweise 10 Grad wärmer wie z.B. im nebligen Wittgenstein.

Nebelmeere und Temperatursprünge
Nebelmeere und Temperatursprünge

Der Sauerland-Föhn fällt in vielen Fällen mit einer Inversionswetterlage, d.h. einer Temperaturumkehr zwischen Berg und Tal zusammen. Auf den Bergen ist die Luft sehr trocken, während in den südöstlichen Tälern der feuchte und kalte Nebel vorherrscht. Die Folge sind weite Blicke über das „Nebelmeer“ der Medebacher Bucht, vorbei am Bollerberg bei Hesborn, und des Wittgensteiner Landes.

Je nach Mächtigkeit der feuchten Schicht schauen lediglich die höchsten Erhebungen der Gebirges heraus. Im Extremfall reichen die Blicke mehr als 100 km weit, zum Feldberg im Taunus, der Wasserkuppe in der Rhön oder sogar dem 160 km entfernten Brocken im Harz. Bewegt man sich von den Gebirgskämmen hinab nach Südosten kann es in Extremfällen passieren, dass die Temperatur innerhalb weniger Höhenmeter um rund 15°C sinkt und man so von beinahe "T-Shirt-Temperaturen" hin zu einer Winterjacke wechseln muss.

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